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Künftige Entwicklung

Das Netto-Null Ziel

Die Schweiz hat sich das Ziel gesetzt, die Treibhausgas(THG)-Emissionen bis 2050 innerhalb der Landesgrenzen auf Netto-Null zu senken. Dies bedeutet, dass die THG-Emissionen spätestens dann ein Gleichgewicht zwischen Quellen und Senken erreichen müssen, d.h. dass die noch ausgestossenen Emissionen der Atmosphäre vollständig und dauerhaft mittels Senken (negative Emissionen) entzogen werden müssen. 
Das Verringern der globalen CO2-Emissionen auf Netto-Null bis Mitte des Jahrhunderts sowie die weitgehende Reduktion der übrigen THGs ist gemäss wissenschaftlicher Evidenz die einzige Möglichkeit, die globale Erwärmung entsprechend den Zielen des Pariser Klimaabkommens unter 2 Grad Celsius zu halten.

Der Kanton Thurgau übernimmt das Netto-Null-Ziel des Bundes und lehnt sich an die Sektoren und Handlungsfelder der langfristigen Klimastrategie des Bundes an. Das Netto-Null-Ziel umfasst die territorialen, direkten Emissionen des Kantons Thurgau aus den Sektoren Gebäude, Industrie, synthetische Gase, Verkehr, Landwirtschaft, Abfall. Für diese Sektoren werden quantitative THG-Emissionsziele, d.h. Sektorziele formuliert.

Bis 2050 wird die Schweiz und damit auch der Kanton Thurgau die Emissionen gemäss Territorialprinzip nicht in allen Bereichen vollständig auf null reduzieren können. Insbesondere bei der Nahrungsmittelproduktion und gewissen industriellen Prozessen werden diese aus heutiger Sicht unvermeidbar sein. Diese verbleibenden Emissionen müssen deshalb durch den Einsatz technischer sowie natürlicher Senken ausgeglichen werden. 

Die indirekten Emissionen , d.h. die importbedingten Emissionen sowie diejenigen, die mit Finanzflüssen verbunden sind, sind nicht Teil des Netto-Null-Ziels. Aufgrund des grossen Anteils dieser indirekten THG-Emissionen am gesamten THG-Fussabdruck des Kantons Thurgau ist es dennoch zentral, auch in diesem Bereich aktiv zu werden und so einen Beitrag zur Erreichung des globalen Klimaziels zu leisten. Für diese indirekten Emissionen werden deshalb qualitative Sektorziele formuliert (siehe Konsum/Kreislaufwirtschaft und Finanzflüsse).

Absenkpfad

Um das Netto-Null-Ziel zu erreichen, braucht es eine umfassende, weitgehende und schnelle Reduktion der kantonalen THG-Emissionen. Die untenstehende Abbildung zeigt auf, wie sich die THG-Emissionen im Kanton Thurgau entwickeln sollten, um dieses Ziel 2050 zu erreichen. Dabei wurden die sektoriellen Ziele des Bundes auf den Thurgau heruntergebrochen.

Historische THG-Emissionen 1990 bis 2018 und Absenkpfad bis 2050 für den Kanton Thurgau. Quellen: Energiestatistik Kanton Thurgau, THG-Emissionskataster Ostluft, THG-Emissionskataster Schweiz, Bundesrat 2021. NET: Negativemissionstechnologien; KVA: Kehrichtverbrennungsanlage, CCS: Carbon Capture and Storage.

Aufgrund der unterschiedlichen Reduktionspotenziale der Sektoren werden zum Erreichen des Netto-Null-Ziels unterschiedliche sektorielle Ziele verfolgt. Analog zu den Sektorzielen der langfristigen Klimastrategie der Schweiz müssen die Sektoren Gebäude und Strassenverkehr 2050 praktisch vollständig dekarbonisiert, d.h. frei von fossilen Emissionen sein. Die Technologien dafür sind vorhanden. Auch in der Industrie und im Abfallsektor sind die THG-Emission – soweit technisch möglich – zu reduzieren, der Ausstoss synthetischer THG ist auf ein Minimum zu beschränken. In der Industrie unterscheiden sich die Möglichkeiten und Ansätze zur THG-Emissionsreduktion zwischen den Branchen stark. Während sich die verbrennungsbedingten Emissionen bis 2050 fast komplett vermeiden lassen, verbleiben Restemissionen vor allem aus Prozessemissionen einzelner Branchen, etwa aus der (Bio-)Chemie-, Klebstoffindustrie und aus Lackierereien. Die landwirtschaftliche Produktion soll die Emissionen gegenüber 1990 um 40 % reduzieren. Die Emissionen aus der Abfallverbrennung (KVA) sollen bis 2050 durch eine flächendeckende Anwendung von Technologien zur Abscheidung und Einlagerung von CO2 vollständig vermieden werden (Annahme, dass dies bereits ab 2040 geschieht). Die landwirtschaftliche Produktion soll die Emissionen gegenüber 1990 um 40 % reduzieren. Dies lässt sich mit strukturellen Anpassungen, optimierten Produktionsmethoden und technischen Massnahmen bewerkstelligen. Es verbleiben aber Restemissionen aus der landwirtschaftliche Produktion, die sich nach heutigem Wissen nicht vermeiden lassen (Bundesrat 2021).

Die direkten THG-Emissionen all dieser Sektoren müssen insgesamt so stark reduziert werden können, dass die noch verbleibenden, technisch schwer vermeidbaren Emissionen durch negative Emissionen ausgeglichen werden können. Für jeden Sektor wurden eigene Reduktionsziele, in Form von Sektorzielen formuliert.

Negativemissionstechnologien

Die im Kanton Thurgau emittierten THGs lassen sich bis ins Zieljahr 2050 nicht vollständig reduzieren. Insbesondere in der Landwirtschaft und Ernährung, bei industriellen Gasen, Abfall/Abwasser sowie den indirekten Emissionen sind verbleibende Emissionen (Sockelemissionen) zu erwarten. Im Hinblick auf ein Netto-Null-Ziel wird es deshalb mittelfristig notwendig sein, Technologien für negative Emissionen (NET) zu nutzen. Diese umfassen technische Senken (etwa das Abscheiden von CO2 aus Abgasströmen und die Speicherung des Kohlenstoffs in geeigneten geologischen Schichten) sowie biologische Senken (beispielsweise den permanenten Zuwachs des Kohlenstoffspeichers von Wäldern oder Mooren). 

Studien zeigen jedoch, dass das Potenzial dieser Technologien derzeit bescheiden ist, insbesondere aufgrund der begrenzten inländischen Speicherpotenziale, der hohen Kosten, der möglichen Risiken und der ungewissen Akzeptanz in der Bevölkerung. Eine neuere Studie schätzt das Potenzial auf rund 0.5 Tonnen CO2 pro Kopf pro Jahr. Der Aufbau technischer NET im industriellen Massstab dürfte Jahre bis Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Deshalb ist es wichtig, diese Technologien schon heute anzugehen, entsprechende Vorbereitungen zu treffen und ggf. in Pilotprojekten zu erproben. So soll etwa die für 2030 geplante Ersatzanlage der KVA Weinfelden eine mögliche Nachrüstung mit Komponenten zur Abscheidung und den Abtransport von CO2 von Anfang an berücksichtigen. Aufgrund der beschränkten Potenziale sind NET deshalb nur als ergänzendes Element zur Emissionsminderung zu verstehen und sollten ausschliesslich für schwer vermeidbare Emissionen vorgesehen werden.

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